Die Dämmerung der Sonnenblumen

Ich sag es euch, heute ist wieder mal ein schöner Tag. Die Sonne scheint, der Himmel ist so blau, dass es mich geradezu peinlich berührt. Ja, es ist fast schon unverschämt, wie sich in diesem majestätischen Gewölbe die weißen, wohlgeformten Wölkchen zu einem Tanz aneinanderschmiegen. Die Sonne, meine Schwester im Geiste, scheint als Gottes Geschenk schützend, wärmend, liebend, und innig umarmend über uns alle. Der Wind ist ein seltener Geselle am heutigen Tag. Wenn er aber auftaucht, so ist er der Sonne rechte Hand. Er maßregelt uns und zeigt uns dann auch, in welche Richtung wir zu gehen haben. Liebend aber bestimmt.

In diesem von Natur aus doch schützenden Umfeld, auf einer wunderschönen sattgrünen, Hoffnung versprühenden und dabei selbstredend nie aufgebenden Wiese habe ich meinen Platz. Ich bin eine Sonnenblume. Namen sind nicht von Bedeutung. Seit Generationen befindet sich meine Familie hier, eigentlich seit unseren Anfängen. Immer wurden wir liebend und wertschätzend behandelt, um Lieblichkeit auszustrahlen und so Liebe zurückzuschenken. Ein Kreislauf der Liebe. Wir sind stolze Träumer, Visionäre, Friedensstifter, Initiativen-Initiatoren, Utopisten, Gläubige, Leuchtende, Erleuchtende, Kosmopoliten. Meine Familie und ich wollten und wollen diese Welt unaufhörlich und ohne Kompromiss zu einem besseren, zu einem helleren Ort machen. Dies ist unsere Aufgabe, unsere Berufung. Dadurch gewannen wir viele Freunde im Universum.

Aber auch wir sind nicht frei von Angst, manchmal auch Verzweiflung. Da Gefühle etwas höchst Subjektives sind, kann ich nun nur von mir sprechen. In den letzten Jahren hat sich schon Einiges verändert und es schreitet immer weiter voran. Früher haben sich beinah alle Menschen gefreut, mich und meine Geschwister strahlen zu sehen. Sie haben mit uns gelacht, uns fotografiert und ganz früher sogar noch portraitiert. Ich für meinen Teil habe das immer genossen. Natürlich weniger um meiner selbst Willen, sondern wegen der Freude der Anderen. Da hatte ich immer das Gefühl: “Ja, es zahlt sich aus!“ Oft haben sich auch Liebende auf der Wiese eingefunden ohne uns zu schaden. Das war schön. Die Menschen waren früher allgemein achtsamer.

Ja, so war es früher. Ach, wie wunderbar es doch ist, alleine sich daran zu erinnern! Heute sind die meisten Tage Tage der Trauer. Es sind in diesem Jahr schon so viele von uns umgebracht worden. Aus purer Blutrünstigkeit und Grausamkeit. Sie mussten weichen. Unser Feind der Profit und seine Gespielin die Gier haben wieder zugeschlagen. Sie kaufen allen und zertrampeln, köpfen, und schlitzen uns auf damit ihr Geschäftspartner und größter Investor der Beton freie Bahn hat. Unsere Fläche ist dementsprechend geschrumpft. Auch die Bienen sterben aus. Hummeln werden auch immer weniger. Ohne Bienen und Hummeln kein Leben.

Aber ich für meinen Teil strahle weiter. Auch wenn die Dämmerung naht und mich zu verschlingen droht.

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