Wenn man einen Feind hat, sind Freunde umso wichtiger…
Ich hatte aber nie Freunde. Ich hatte Menschen um mich herum, die vorgaben für mich da zu sein, weil sie damit meine Fürsorge gewährleisten wollten. Ich wurde geködert und benutzt. Es ging nie um mein Wohl… Ich war unsichtbar. In ihrer eigenen Bedürftigkeit, ging ich völlig unter. Aber ich hätte keine Chance gehabt das frühzeitig zu erkennen. Wie sollte ich wissen, dass man mir etwas vorspielte. Mein damals bester Freund ist sich das vermutlich bis heute selbst nicht bewusst. Mittlerweile habe ich verstanden, dass es Persönlichkeitsakzentuierungen gibt, bzw. Persönlichkeitsstörungen, von denen die Betroffenen nichts wissen. Sie sind unreflektiert, leiden vor sich hin, tragen keine Verantwortung für ihre Verhaltensweisen und brauchen andere, um sich selbst wahrzunehmen.
Als mein damaliger Kumpel, das ihm eigentlich unbekannte Mädel, zu sich von Hessen nach NRW holte, hatte ich ein ganz schlechtes Bauchgefühl. Ich mochte sie, aber mir sagte meine Vernunft, dass man nicht einfach zusammenzieht, wenn man sich noch nicht kennt. Ich erwähnte meine Bedenken und schlug vor, dass Jugendamt mit einzuschalten, da die gute Dame noch nicht volljährig war und einfach von ihrer Betreuung, die angeblich Gewalt anwandte, flüchtete. Wir wollten ihr helfen, nahmen sie Ernst mit ihrem Wunsch von da weg zu kommen, aber ich wusste, dass man so eine Rettungsaktion nicht auf die eigene Kappe nimmt. Ich sollte Recht behalten, aber mein Kumpel war davon überzeugt, alles im Griff zu haben. Sein Vater, mit dem er zusammenwohnte, würde es schon richten. Ich mochte seinen Vater, aber es war nicht normal, dass ein über 25 Jähriger immernoch daheim in seinem Elternhaus lebte. Er wurde nicht selbstständig, konnte nicht erwachsen werden und für sich selbst absolut keine Verantwortung übernehmen.
So kam es dann auch relativ schnell zum ersten Desaster. Kaum war seine Freundin bei ihm eingezogen, hatten die beiden Not, weil er nur noch an Sex dachte, er sich darüber unheimlich erwachsen und kompetent vorkam und sehr vereinnahmend war. Er hatte für nichts und niemanden mehr ein Auge. Es gab nur noch ihn und seine Partnerin, aber alle Freunde hatten ihn zu bewundern. Schließlich ging es darum, sich als geeigneter Partner, in einer Beziehung, zu beweisen. Er war bis her immer der einzige gewesen, der Single geblieben war. Das nagte sehr an seinem Selbstwertgefühl und so machte er allen klar, dass er nun ein ganz toller Hecht war. Sein Getue war zum Kotzen! Kaum hatten die beiden das erste Mal Sex, riss das Komdom und die beiden suchten Hilfe, bei meinem Partner und mir. So fuhren wir also dann, an einem Sonntag, in das nächst gelegene Krankenhaus, um die Pille danach zu besorgen. Dort bekamen die beiden dann eine Standpauke, weil die besagte junge Dame, eben noch nicht volljährig war.
Es kam im Laufe der Zeit immer wieder zu Auseinandersetzungen. Mein Kumpel engte seine Freundin immer mehr ein und kontrollierte sie auf Schritt und Tritt. Sie war eben sein Eigentum und so war es beinahe schon logisch, dass ich, als einzige Vertrauensperson, für die Kleine da war. Nur wenn wir uns alleine trafen, oder sie Rat bei mir suchte, war mein Kumpel schon aufgebracht, besorgt und eifersüchtig. Ich war für ihn abgehakt. Sobald es Schwierigkeiten gab, war ich gut genug und ich war halt einfach da, weil ich halt eine „gute Bekannte“ war. -Das war es dann auch schon. Meine Person, mit allen Bedenken, Gefühlen und Bedürfnissen, hatte keine Berechtigung. Es tat weh. Er wurde unter Alkoholeinfluss wütend auf mich, wenn seine Freundin bei mir Schutz suchte, weil die beiden wieder Streit hatten. Er sagte mir sprichwörtlich, dass ihm meine Vernunft , von der ich sprach, egal wäre.
Nach außen hin wirkte es so, dass ich mich in die Beziehung der beiden einmischen würde und auf einer Party ging man mich dann so arg an, dass ich mich weinend im Badezimmer einschloss und den gesamten Abend über auf dem Boden hockte. Mein Partner war passiv. Er sagte vielleicht mal seine Meinung, war aber wie immer still. Ich war alleine. Ich hatte jemanden an meiner Seite, war aber dennoch die ganze Zeit über auf mich gestellt… Es war ein schleichender Prozess und es kam der Tag, an dem ich begriff, dass man mir immer die Schuld, für alles was geschah, in die Schuhe schob. Als die Freundin meines Kumpels dann eines Tages, nach langem Schweigen und dem Wunsch zu mir zu ziehen, von einem sexuellen Übergriff berichtete, war der Ofen ganz aus.
Hätte ich ihr nicht geholfen, wäre sie auf der Straße gelandet. Sie war mittlerweile achtzehn Jahre alt geworden und das Jugendamt somit nicht mehr als Ansprechpartner, für sie verantwortlich. Beide hatten das so gewollt. Mein Kumpel und seine Freundin wollten sich ohne Unterstützung, ein Leben aufbauen.
Ich hatte ihre Entscheidung akzeptiert und es war nicht meine Aufgabe, mich um die beiden zu kümmern. Aber es wäre, angesichts des Vergewaltigungsvorwurfes, unterlassene Hilfeleistung gewesen. Also entschieden meine Schwester und ich, dass sie erstmal bei uns wohnen sollte…
Fortsetzung folgt…





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