Neben meinem schlechten psychischen Zustand, ging es mir körperlich auch immer bescheidener.
Es dauerte noch gut zwei Wochen, bis ich dann stationär in der Klinik aufgenommen wurde, an die mich die Traumatologie überwiesen hatte. Die Stationsärzin entschuldigte sich bei mir für alle Unannehmlichkeiten, die mir dort widerfahren waren. Sie sagte mir, dass sie selbst mit einigen Dingen innerhalb der Psychiatrie unzufrieden gewesen war und demnächst dort aufhören würde, um sich selbstständig zu machen.
Sie war es auch, die mich ernst nahm und mit dem Krankenhaus in derselben Stadt telefonierte. Ich sollte auf einige Autoimmunerkrankungen untersucht werden und so lag ich dort für ein paar Tage, bekam Blut abgenommen, ein Stück Haut aus meiner Wange gestanzt und hielt einige unangenehme Situationen, unter Derealisation, aus. Vor dem Eingriff der Hautbiopsie, schob man mich mitsamt des Krankenhausbettes in den Vorraum und so starrte ich bestimmt eine halbe Stunde wartend, auf mich alleine gestellt, die sterile Klinikdecke an. Schlimmer jedoch waren die hygienischen Zustände, die dort vorherrschten.
Eine ältere Dame, litt unter einem Darmverschluss und so musste sie für einige Untersuchungen abführen. Da sie nicht eigenständig aufstehen konnte, mussten die Pfleger sie regelmäßig sauber machen. Dabei verteilten sie Exkremente an vielen Stellen im Raum. Einige Abfälle, hatte man bereits von Anbeginn meiner Ankunft, in einem Eimer gelagert und ließ ihn dort mehrere Tage vor sich hin miefen. Irgendwann sprach ich die Pfleger an und so bemerkte man den Fehler und sah ein, dass dieser Zustand garnicht ging.
Eine weitere Mitpatientin war schwer krank, hatte gerade eine schwere Operation hinter sich und durfte das Zimmer nicht verlassen. Sie vertraute mir später an, dass sie sich furchtbar geekelt und sich der Situation ausgeliefert gefühlt hatte. Man wusste doch, dass die Dame Ruhe brauchte und nicht auf die Besuchertoiletten ausweichen konnte. Das Krankenhauspersonal war im Stress.
Es wurde immer schlimmer. Die arme alte Frau, stand einfach auf und wollte ihren Rollator nutzen, den man gesperrt hatte. Die Schwester, die Dienst hatte, wusste nicht, wie man ihn entriegelte und so brauchte die Patientin rund um die Uhr eine Betreuung, die nicht gewährleistet werden konnte. Sie kippte einige Mal vom Klo, sodass ich sie stützte und mich kümmerte, was mir dann einige Zeit später, untersagt wurde. Ich wurde wütend. Man konnte die arme Frau doch nicht sich selbst überlassen. Unbeaufsichtigt. Wenn jemand Hilfe braucht, helfe ich ihm. Basta! Da kann ich dann auch eigene Bedürfnisse defintiv mal zurückstellen.
Ich kam aber dennoch irgendwann an meine Grenzen. Ich musste mit ansehen, wie ihre Söhne zu Besuch kamen und ihre eigene Mutter emotional foppten. Ich spürte den Hass, der in ihnen brodelte und sie nutzten die Hilflosigkeit ihrer Mutter eiskalt aus. Ein Großkotz von Sohn, war dieser eine Typ, der ständig das Krankenbett seiner Mutter rauf und runter bewegte und sich darüber beäumelte, wie seine kranke Mutter, hilflos darum bat, damit aufzuhören.
In der Nacht roch das Zimmer so sehr nach Ammoniak, dass ich nicht in den Schlaf fand. Ihre Nierenwerte waren sehr schlecht und niemand von uns konnte schlafen.
Ich war am Ende meiner Kräfte. Die ganzen Exkremente, die schlechte Luft, die Untersuchungen, die mich stressten und die Hektik, sowie diese Unmenschlichkeit, setzten mir zu. Ich kam mir vor, wie irgendein Mensch ohne Wert, der maschinell abgefertigt, einfach durchgecheckt wurde.
Ich schlief die Nacht über auf den Besuchersitzen im Gang. Ich ekelte mich so sehr, dass mir permanent übel war. Am Tag darauf erbracht die ältere Dame sich mehrere Male und das Zimmer war für mich nicht mehr begehbar. Das Erbrechen triggerte meine Emetophobie und ich brach weinend zusammen. Ich konnte einfach nicht mehr. Egal wo ich war, sei es in der Psychiatrie oder im Krankenhaus, ich litt so elendig und niemand nahm mich in den Arm und half mir. Mein damaliger Partner war mit der Situation überfordert und so ließ auch er mich alleine. Meine Eltern waren unsicher und ich erlebte auch da keinen Trost.
Ich weinte und eine Krankenschwester versuchte grob auf mich einzureden. Ich solle mich nicht so anstellen und es wäre doch alles nicht so schlimm…
Man legte die Dame dann auf ein anderes Zimmer. Meine Mitpatientin war sichtlich erleichtert. Und ich kam endlich etwas zur Ruhe. Nachdem sie entlassen wurde, reinigte man das Zimmer auf meinen Wunsch hin komplett und desinfizierte alles.
Noch nie zu vor, hatte ich Reinlichkeit so sehr geschätzt, wie zu diesem Zeitpunkt. Ein hohes Gut das wir Menschen haben: Hygiene! -Eine Sache, die ganz besonders im Krankenhaus eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Aber die Zustände der Kliniken in Deutschland, sind meiner Erfahrungen nach, eine riesige Katastrophe.





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